Bonifatiusschule: Noch viele Fragen zu beantworten

Leserbrief der ehemaligen Göttinger Landtags- und Bundestagsabgeordneten Inge Wettig-Danielmeier im Göttinger Tageblatt vom 5. November 2019

Weichenstellungen können auch aufs falsche Gleis führen. Anders lässt sich der Beschluss des Schulausschusses zur veränderten Trägerschaft der Konkordatsschule Boni II nicht bewerten. Offensichtlich kennt sich die Göttinger Stadtverwaltung weder im Konkordatsrecht noch im Staatskirchenrecht hinreichend aus, sonst hätte die neue Schuldezernentin diesen Vorschlag nicht entwickeln können.

Da ich 1973 als Landtagsabgeordnete am Schulrecht nach dem Konkordats-Änderungsvertrag mitgewirkt habe, erlaube ich mir aufklärende Hinweise:

1919 wurde mit der Weimarer Reichsverfassung die Trennung von Staat und Kirche durchgesetzt – nur in engen Grenzen blieb eine Bindung erhalten (Kirchensteuer). Eine wesentliche Folge war, dass die Länderverfassungen den kirchlichen Einfluss im Schulwesen zurückdrängten. Am deutlichsten zeigte sich dies bei der Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht und der Einschränkung der konfessionellen Lehrerbildung. Zunehmend entstanden auch Simultanschulen – Gemeinschaftsschulen für alle Bekenntnisse und Konfessionslose, obwohl eine hohe Zahl von staatlichen Bekenntnisschulen erhalten blieb.

Diesen Zustand änderte erst die Entkonfessionalisierung des Schulwesens in den 1960er-/70er-Jahren. In Niedersachsen durch zwei Konkordate mit der katholischen Kirche eingeleitet und abgesichert. Seitdem unterhält die katholische Kirchen, vertreten durch die Bistümer, nur noch wenige Privatschulen, freilich finanziell gefördert durch das Land. Wenn das Bistum Hildesheim eine Privatschule nicht mehr unterhalten kann, dann verzichtet sie auf ihr Recht aus dem Konkordat und das Land übernimmt dieses Recht aus Schulmonopol und Schulpflicht. Für ein Sonderrecht nach „Göttinger Muster“ gibt es keinen Raum, solange das Land nicht das Schulgesetz ändert.

Aus den Erklärungen des Bistumsvertreters sind die Gründe für die gewünschte Misch-Trägerschaft nicht erkennbar. Die Lehrer soll wohl das Land übernehmen, doch wer hat die Schulaufsicht? Müssen die Lehrerinnen und Lehrer konfessionsgebunden sein? Wer bestimmt die Unterrichtsinhalte? Welche Form des Religionsunterrichtes gibt es? Gibt es konfessionslose Schülerinnen und Schüler in dieser Schule? Wer finanziert die Schule? Sollte es so sein, dass die Stadt und das Land finanzieren und das Bistum bestimmt? Hier sind also noch einige Frage zu beantworten, vor allem mit dem Kultusministerium abzuklären.

Überraschend finde ich das Votum des Vertreters von Die Linke, das in krassem Gegensatz zur Linie seiner Partei steht.

Die SPD befindet sich mit ihrer Haltung nicht im Gegensatz zur katholischen Kirche. Wir halten nur an getroffenen Vereinbarungen fest und schützen das Rechtsgut der Trennung von Staat und Kirche.