Die Stadt Göttingen und die Universität Göttingen werden aufgefordert, nach gründlicher Vorbereitung durch einen Arbeitskreis eine Tagung zum Thema „Die Grenzen der Meinungsfreiheit im Israel-Palästina Konflikt“ auszurichten.
Begründung
Eine Beschäftigung mit diesem Thema scheint nach den Vorbehalten gegen die Friedenspreis-Verleihung der Stiftung Dr. Roland Röhl an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ und der Vorwürfe des Antisemitismus sowie sich wiederholender Beeinträchtigungen von Veranstaltungen, die sich mit den Ereignissen zwischen Israel und Palästina beschäftigen, notwendig.
Es handelt sich in Göttingen wie auch in anderen Städten um einen Konflikt, der seinen Ursprung in der Spaltung innerhalb der israelischen Gesellschaft hat. Seit dem Beginn der Besetzung der von der UNO den Palästinensern zugewiesenen Gebiete im Jahre 1967 gibt es immer mehr Einzelpersonen und Gruppen in Israel, die mit der offiziellen Politik Israels den Palästinensern gegenüber nicht einverstanden sind und auf einen Friedensvertrag drängen. Seit dem Scheitern der Osloer Gespräche, der Abriegelung von Gaza und dem Mauerbau gibt es keine Friedensbemühungen mehr, was sowohl in Israel als auch in den USA und in Europa zu vermehrter Kritik einzelner jüdischer Intellektueller und jüdischer Gemeinschaften an der israelischen Politik geführt hat. Diese israelischen, amerikanischen sowie europäischen Juden sind der Ansicht, dass es einen dauerhaften Frieden für Israel erst geben kann, wenn das Problem der Palästinenser gelöst ist, zumal da nach Aussagen der UNO der Gaza von 2020 an nicht mehr bewohnbar sein wird und außerdem durch den Siedlungsbau und die von Ministerpräsident Netanjahu angekündigte Annexion von Siedlungen die Fläche für ein Land der Palästinenser immer mehr eingeschränkt wird.
Deutschland ist von diesem Konflikt insofern betroffen, weil die „Staatsräson“ und „uneingeschränkte Solidarität“ zu Israel die deutsche Politik bestimmen. Aufgrund unserer besonderen Geschichte leiten diese Maxime die Einstellung und das Verhalten der Bürger in Deutschland dem Staat Israel und den jüdischen Gemeinschaften gegenüber.
Andererseits werden nicht-jüdische Deutsche, die Kontakt mit Israelis und deutschen Juden pflegen, von diesen dazu aufgefordert, gerade aufgrund der nationalsozialistischen schuldhaften Vergangenheit sich an ihrer Seite für Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern einzusetzen, da es sich auch um kein innerisraelisches Problem handelt, sondern um ein Problem, das aufgrund zweier von der UNO zugewiesenen Territorien entstanden ist, von denen eines den Status eines souveränen Staates hat, das andere besetztes palästinensisches Gebiet ist, in dem Israel völkerrechtswidrig siedelt.
Diese unterschiedlichen Einstellungen verursachen regelmäßig Unruhen und Zerwürfnisse in den Kommunen, in den Parteien, in den Kirchengemeinden, in denen nicht zwischen realem Antisemitismus sowie Antizionismus einerseits und einer Kritik an der israelischen Politik, die allein auf die Macht ihrer militärischen Stärke setzt, andererseits unterschieden wird. Daher sollten mithilfe einer Tagung die unterschiedlichen Einstellungen und Haltungen erläutert und die Grenzen der Meinungsfreiheit geklärt werden. Das Ziel sollte eine abgestimmte Position für zukünftige Entscheidungen sein.