Stadt muss Antwort auf Klimawandel finden

Die Mitgliederversammlung des SPD-Ortsvereins Göttingen-Ost hat eine umfangreiche Resolution beschlossen, die klare Antworten der Stadtpolitik auf den Klimawandel fordert. „Wir benötigen vor Ort klare Aussagen zu konkret geplanten Maßnahmen, die vor Ort den Klimawandel begrenzen“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende Dr. Andrea Bindig. Der Forderungskatalog aus der Oststadt umfasst zusätzliche Bepflanzungen auf den Grünflächen, neue Wasserflächen, die Reduzierung des Autoverkehrs, mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sowie eine verstärkte Nutzung von Dachflächen für die Fotovoltaik. Die Resolution soll allen Ratsfraktionen und Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler zugeleitet werden.

Die letzten Jahre belegten deutlich, dass die Hinweise aus der Wissenschaft, die Mahnungen zu einer veränderten Lebens- und Wirtschaftsweise keine Phantastereien sind, sondern handfeste Erkenntnisse über den von Menschen erzeugten Klimawandel, der sich in einem anwachsenden Tempo zu einer Klimakatastrophe entwickeln kann. Den deutlichen Aufforderungen zum Handeln begegnet die Politik bisher mit zögerlichem, auch unkoordiniertem Handeln. Das gilt für die Landes- und Bundespolitik, für die Politik der Europäischen Union sowie für die geringe Verbindlichkeit internationaler Absprachen.

Auch die Stadtpolitik lässt Wünsche offen, Kommunalpolitik kann zwar nur eine sehr begrenzte Antwort auf den Klimawandel geben, doch sollte mit dieser Antwort nicht gezögert werden. Alle Antworten sollten als nachhaltige Maßnahmen geplant werden, was bedeutet, dass neben der Ökologie auch die Ökonomie und die soziale Dimension darin berücksichtigt werden müssen. Nicht jede Maßnahme kann sofort ergriffen werden, nicht jede wird sofort Erfolge bringen, manche werden für die Umstellung Zeit benötigen. Diese Feststellungen dürfen jedoch keine Politik des Abwartens begründen. Der Klimawandel zwingt auch zum Überdenken des Stadthaushaltes zu veränderten Prioritäten.

Im Einzelnen schlagen wir folgende Maßnahmen vor:

Göttingen ist gut mit Park- und Grünflächen ausgestattet. Das historische Konzept der Gartenstadt dämpft die Folgen des Klimawandels in der Stadt. Dieses Konzept sollte aufgefrischt und weiterentwickelt werden:

  • Die öffentlichen Grünflächen sollten in ihrem Zustand überprüft werden.
    Hier bieten sich vor allem im Bereich der Wallanlagen neue Bepflanzungen an. Ein Problem ist die zunehmende Vermüllung von Grünflächen, die auch Kontaminierung zur Folge hat. Präzisere (freundliche) Hinweistafeln, aber auch regelmäßige Reinigung könnten dem entgegenwirken.
    Bei der Neubepflanzung ist auf systematische Ausweitung der Flächen mit Wildpflanzen zu achten.
  • Göttingen besitzt einen guten Baumbestand, der einen großen Einfluss auf das Mikroklima der Stadt hat. Pflege und Ausweitung des Baumbestandes sollten Schwerpunkt der Grünflächen-Politik der Stadt sein. In der Weststadt, in der Leineaue, im Industrieviertel und in den Vororten könnte der Baumbestand ausgeweitet werden.
  • Durch Beratung und Baugenehmigungen sollte die Zunahme der Schottergärten gestoppt werden. Die Förderung des Rückbaus ist zu prüfen.
  • Wasserflächen in der Stadt verbessern das Mikroklima, während der Hitzeperioden. Dazu tragen in Göttingen einige historische Teiche sowie Wasserläufe bei. Die Stadtpolitik sollte prüfen, wo eine Ausweitung möglich ist: in der Leineaue, Aufstauen des Leinekanals, Rückbau des Teiches an der Berliner Straße.
  • Mit der Bewaldung des Hainberges war ein verbesserter Hochwasserschutz verbunden, der die Kernstadt vor regelmäßigem Hochwasser schützte und den Wohnungsbau am Westhang des Hainberges ermöglichte (Molkengrund, Lange Nacht, Ebertal). Es ist zweifelhaft, ob dieser Hochwasserschutz bei den durch den Klimawandel entstehenden Starkregen ausreicht. Diese Zweifel gelten auch für den Hangabfall im Westen der Stadt.
    Historisch gab es immer wieder Hochwassersituationen an der Grone.
    Durch wissenschaftliche Untersuchungen sollte diese Gefahr geprüft und gegebenenfalls durch Maßnahmen beantwortet werden.
  • Die Stadt sollte in der Grünflächen-Politik eine Kooperation mit der Universität anstreben sowie eine Beratungsstelle für Private einrichten.

Verkehrsführung

  • Verschiedene Studien haben gezeigt, dass der Parksuchverkehr in deutschen Städten für erheblichen Anteil an Feinstaub- und CO2-Emissionen verantwortlich ist. Göttingen benötigt ein verbessertes Parkleitsystem, das die Autofahrer zielgerichtet zu den verfügbaren Plätzen führt. Hierfür sollten auch die Möglichkeiten einer smarten Technik geprüft werden.
  • Ampeln steuern den Verkehrsfluss in Zeiten hoher Verkehrsdichte. In Zeiten geringer Dichte (beispielsweise von 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr und am Wochenende) dagegen geben die wartenden Autos vor roten Ampeln an leeren Kreuzungen sinnlos erhebliche Emissionen ab. Die CO2-Emissionen könnten durch ein Abschalten der Ampeln an zahlreichen Kreuzungen reduziert werden. Das Argument der Verkehrssicherheit muss im Einzelfall geprüft werden. Da aber auch stets klare Vorfahrtsregeln vorliegen, sollten die Verkehrsteilnehmer auch nicht unterschätzt werden. So konnte beispielsweise die monatelange Renovierung der komplexen Kreuzung Nikolausberger Weg/Keuzbergring auch ohne Ampelschaltung ohne größere Probleme durchgeführt werden.
  • Um den Autoverkehr zu reduzieren soll eine bessere und dichtere Taktung der Busse der GöVB vorgesehen werden.
  • Das Carsharing -Angebot, insbesondere das sogenannte „Free-Floating“- System, muss in allen Quartieren vorhanden sein.

Fahrradverkehr

  • Die wünschenswerte weitere Zunahme der Fahrradnutzung wird nicht begleitet durch den Ausbau der Abstellmöglichkeiten. Intelligente Systeme sind in Göttingen Mangelware, sodass parkende Fahrräder an einigen Stellen den Fußgängerverkehr stören. Es soll die Aufstellung von mehrstöckigen Abstellanlagen oder sogenannter Doppelparker geprüft werden.
  • Das Mobilitätskonzept der Stadt muss neu gedacht werden, um den veränderten Rahmenbedingungen gerecht zu werden: wieviel Raum bekommt welches Verkehrsmittel? Der Ausbau von Radwegen sollte weiterhin Priorität haben, sowohl für die größeren Distanzen aus den Vororten als auch für die mittleren und kurzen Distanzen.

Erneuerbare Energien

  • Die Stadtverwaltung sollte die Nutzung der Dachflächen aller öffentlichen Gebäude für Photovoltaik prüfen.
  • Es sollte weiterhin geprüft werden, welcher Stadtviertel kosteneffizient mit Fernwärme erschlossen werden können.
  • Die Stadt sollte die geothermischen Tiefen-Untersuchungen der Universität in Göttingen unterstützen und die Fördermöglichkeiten aus Landes- und Bundesmitteln prüfen, um eine langfristige geothermische Versorgung zu ermöglichen.