Der Rat der Stadt Göttingen hat in seiner Sitzung am 16. Dezember 2016 einstimmig beschlossen, die Idee eines Bündnis für Wohnen in Göttingen an den Sozialausschuss zu überweisen. Dort wird das Thema am 14. Februar 2017 in einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses mit den Mitgliedern des Bauausschusses beraten.
Es ist unser Wunsch und unser Ziel, in Göttingen in den kommenden Jahren jährlich den Bau von 200 Wohneinheiten zu ermöglichen, um Wohnraum für alle zu schaffen.
Dies vorausgeschickt und im Bewusstsein, dass
– der Wohnungsbau die zentrale Herausforderung ist, die die Stadt in den nächsten fünf Jahren meistern muss,
– eine erhebliche Beschleunigung der städtebaulichen Planungen verlangt ist, wenn es gelingen soll, bis ins Jahr 2021 jährlich 200 Wohnungen zu errichten
– die Kosten des Wohnungsbaues entscheidend minimiert werden müssen, wenn es gelingen soll, Wohnraum für Alle zu schaffen,
zugleich in der Erkenntnis, dass
– die (spärlichen) Mittel des Bundes- und Landesförderung für den Wohnungsbau,
– die unterstützend von der Stadt Göttingen ausgelobten Anreize des Kinderlandbonus oder der Subventionen für den sozialen Wohnungsbau in Höhe von 1,00€/qm pro Monat nicht geholfen haben,
zudem im Wissen, dass
– die personellen und finanziellen Mittel der Stadt Göttingen unter den Wirkungen des Entschuldungshilfeprogramms begrenzt sind, wenn es gelingen soll, die notwendigen Impulse für den Wohnungsbau nicht auf Kosten der Kultur, des Sozialen oder des Sportes zu setzen,
– liebgewordene Rituale wie hart erstrittene Positionen überprüft werden müssen, wenn es gelingen soll, jährlich Baurecht für 200 Wohnungen zu schaffen,
legen der SPD Stadtverband Göttingen und die SPD Fraktion im Rat der Stadt Göttingen ihre Thesen zur Diskussion des Göttinger Bündnis für Wohnen vor.
Der Oberbürgermeister der Stadt Göttingen führt das Bündnis.
Partner des Bündnisses sollen als ständige Vertreter sein: Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH, die Göttinger Wohnungsgenossenschaft und die Volksheimstätte als Vertreter des öffentlichen und genossenschaftlichen Bauwesens, der Mieterbund Göttingen als Vertreter der Interessen der
Nutzer, Haus und Grund Göttingen als Vertreter der Eigentümer, das Sozialdezernat der Stadt Göttingen, das Baudezernat der Stadt Göttingen.
Das Bündnis ist offen für die Unternehmen der privaten Wohnungswirtschaft wie institutionelle Anleger.
Das Bündnis wird entsprechend den fachlichen Anforderungen Vertreter des Handwerks, der Bauindustrie, der Architekten und Fachingenieure, der Finanzierungsinstitute und der Politik zu seinen Beratungen hinzuziehen.
Ziel und wesentliche Aufgabe des Bündnisses ist die Schaffung von Wohnraum. Zu diesem Zweck wird das Bündnis konkrete Vorschläge entwickeln und dem Rat und seinen Ausschüssen entsprechend ihrer Zuständigkeit zur Beratung und Umsetzung vorlegen.
Das Bündnis bearbeitet diese Themenfelder:
1. Aufdeckung verschütteter Planungskapazitäten Aufgabe ist es, dem Rat der Stadt Göttingen jährlich jeweils im September des Jahres acht Baugebiete zu benennen, für die in erster Priorität Baurecht herzustellen ist. Die Fraktionen im Rat der Stadt Göttingen verpflichten sich, in der Folge jeweils im November des Jahres über die Liste abzustimmen. Rat und Verwaltung sind einig, dass die Annahme der Vorschläge den Verzicht auf die Förderung anderer Baugebiete einschließt. Dies gilt nicht für jene Baugebiete und Bauvorhaben, die nicht dem Wohnen dienen sollen und in einer Positivliste gelistet sind. Der Oberbürgermeister sichert unter diesen Bedingungen zu, dem Planungsamt personelle und / oder finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die die Durchsetzung Umsetzung der Planung ermöglichen.
2. Unterstützung ersetzender Planverfahren Aufgabe ist es, fortlaufend jährlich mindestens vier Baugebiete, nicht Einzelgrundstücke, für eine Mehrzahl an Wohnungen zu identifizieren und dem Rat und seinen Ausschüssen am 31. März und 30. September jeden Jahres zur Entscheidung vorzulegen. Rat und Verwaltung sind einig, dass sie die Aufschließung dieser weiteren Wohngebiete fördern werden, wenn Grundstückseigentümer bereit und in der Lage sind und entsprechende Verpflichtungen in städtebaulichen Verträgen übernehmen, die städtebauliche Planung durch ein von der Stadt Göttingen ausgewähltes und im Auftrag der Stadt Göttingen arbeitendes Planungsbüro zu finanzieren.
3. Stärkung des Sozialen Wohnungsbaus Rat und Verwaltung erklären, dass sie die Vergabe als Erbbaurecht und ggf. den Verkauf städtischer Grundstücke durch einen günstigen Pachtzins oder einen Teilverzicht auf den Kaufpreis fördern werden, wenn der Erwerber bereit und in der Lage ist und sich entsprechend verpflichtet, auf den Grundstücken mindestens 50 % der neuen Wohnungen als Sozialwohnungen zu errichten.
Rat und Verwaltung erklären zugleich, dass sie von der Ermächtigung des § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB Gebrauch machen werden, bei der Schaffung von Baurecht in Bebauungsplänen Flächen fest zu setzen, auf denen nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind. Sie werden in den Bebauungsplänen Quotierungen für den sozialen Wohnungsbau festgeschrieben. Rat und Verwaltung erklären, dass sie in Bebauungsplänen, wenn immer dies zulässig ist, bei größeren Baugebieten ein Drittel der Flächen für den Geschosswohnungsbau reservieren werden, sofern es zulässig ist und der Eigenart des Gebietes nicht widerspricht.
4. Baulückenkataster Aufgabe ist es, spätestens im Dezember dieses Jahres ein umfassendes Baulückenkataster vorzulegen, das jene Flächen der Innenverdichtung auflistet, die durch Anbauten, Aufstockungen, Umwidmungen von Grundstücken oder Umnutzungen von bestehenden Gebäuden für eine Wohnnutzung gewonnen werden können. Das Baulückenkataster soll öffentlich zugänglich im Internet erreichbar sein. und gefördert werden.
5. Mitbauzentrale Aufgabe ist es, dem Rat und seinen Ausschüssen spätestens Ende dieses Jahres eine Liste mit zehn Einzelgrundstücken vorzulegen, die kurzfristig von Baugruppen oder Genossenschaften, die selbstgenutzten Wohnraum schaffen, mit einem Mehrfamilienhaus bebaut werden können. Die MBZ ist Ansprechpartner privater, alternativer Baugemeinschaften, er fördert neue Wohnformen und unterstützt altengerechtes Wohnen als Modellprojekte weiter zu entwickeln.
6. Vereinfachung von Planungsprozessen und Kostenreduzierung Aufgabe ist es, ein klares Regelwerk zur Vereinfachung von Planungsprozessen zu schaffen und zugleich die Verwaltungsprozesse bei der Bearbeitung von Bebauungsplänen und Bauanträgen nachhaltig beschleunigen, soweit dies in der Befugnis der Stadt Göttingen steht. So kann bei Grundstücksverkäufen z.B. das Instrument der Konzeptausschreibung genutzt werden. Ziel ist, das Baudezernat der Stadt Göttingen kurzfristig in die Lage zu versetzen, jede Bauanfrage innerhalb von vier Wochen nach Eingang qualifiziert zu beantworten.
7. Kostenreduzierung Aufgabe ist es, bestehende Spielräume auszunutzen, um kostengünstigeres Bauen zu ermöglichen. Dies kann zum Beispiel durch eine intensivere Ausnutzung von Baugrund geschehen, sofern dabei auf die Besonderheiten eines Wohnviertels Rücksicht genommen und die Eigenart dieses Gebietes entwickelt wird.
Zudem müssen bestehende Ermessensspielräume genutzt werden. Beispielhaft muss kurzfristig das Recht aus § 84 Absatz 1 Ziffer 2 NBauO ausgeschöpft werden, um kostenreduzierend alternative Mobilitätsmodelle umsetzen zu können.
8. Bürgerbeteiligung Aufgabe ist zudem die Vorlage eines Fahrplans der Bürgerbeteiligung zur Vereinbarung zwischen Rat, Verwaltung und dem jeweiligen Grundstückseigentümer/n bzw. den Investoren ein, in dem geregelt wird, wie die Öffentlichkeit im Vorfeld der förmlichen Beteiligungsverfahren über Bauvorhaben informiert wird.
Göttingen im Februar 2017
gez. Christoph Lehmann gez. Tom Wedrins
Positionspapier: Bündnis_für_Wohnen